Hands-on mit der neuen Fujifilm X-Pro2

Endlich habe ich es geschafft die Kamera heute bei einem Händler auszuprobieren. Es handelte sich noch um ein Vorserienmodell, das der Händler direkt von der Präsentation in Tokio am 15.01.2016 für einen begrenzten Zeitraum mitnehmen konnte.

Fujifilm X-Pro 2 mit XF 35mm f/2 WR und optionaler Streulichtblende


Zunächst ein paar Informationen und Gedanken zu Fujifilm und mir.  Ich fotografiere seit dem Jahr 2002 und habe seit 2003 mit der Canon EOS D60 durchgehend mit DSLR's fotografiert. Seit dem probiere ich unheimlich gerne neue Technik aus, habe aber für mich einen gewissen Katalog von Anforderungen entwickelt, die ich an ein Kamerasystem stelle. Einige dieser Anforderungen überschneiden sich mit denen der bekannten Kameratester, andere Dinge sind für mich wiederum völlig egal, weil sie nicht in meinem Workflow vorkommen. Daher ist ein Test natürlich immer etwas stark subjektives, wenn man sich nicht nur auf das Vergleichen von Messwerten und Tabellen beschränken möchte.

Meinen ersten Kontakt mit der X-Serie hatte ich, nachdem sich ein Bekannter eine Fuji X100 gekauft hatte. Damals schon ein echter Hingucker aber leider auch ziemlich unerschwinglich als Zweitkamera. Für mich begann alles mit der Fuji X10. Die Kamera lieferte hervorragende Bilder mit einem sehr guten Objektiv und sah für eine Kompaktkamera wirklich toll aus. Später habe ich mir mit der Fuji X100s meine erste Kamera mit einer Festbrennweite gekauft. Damals ein sehr spannendes Experiment, weil ich bis zu diesem Zeitpunkt immer mit Zoom-Objektiven fotografiert hatte. Die Entscheidung zur X100S erfolgte aus einer kleinen Schaffenskrise heraus und ich kam auf die wahnsinnige Idee mit einer neuen, völlig unbekannten Kamera eine Woche später nach Marseille in den Urlaub zu fahren.

Fujifilm X100S - Marseille, Frankreich

Rückblickend eine der besten Entscheidungen, die ich je getroffen habe. Die kleine X100S war der Traum einer Reisekamera, gemeinsam mit den beiden Konvertern blieben bis auf den Telebereich kaum Wünsche offen und die Ergebnisse waren zum ersten Mal wirklich auf Anhieb zufriedenstellend. Bei Canon und anderen Herstellern habe ich bislang immer das Gefühl, dass die Bilder erst darauf warten nachträglich im Raw-Konverter entwickelt zu werden. Direkt aus der Kamera kommt da nicht viel. Alles sehr neutral und aus der Sicht eines Bildbearbeiters vielleicht so auch wünschenswert. Trotzdem habe ich bei Fujifilm immer das Gefühl, dass selbst die Rohdaten besser aussehen und viel weniger Arbeit benötigen als die Bilddaten anderer Kamerahersteller. Aus Sicht eines Fotografen, dem es mehr Spaß macht neue Bilder zu produzieren statt Stunden vor dem PC zu sitzen, natürlich ein sehr positiver Aspekt.

Fujifilm X100S - Marseille, Frankreich


Man sollte bei aller Euphorie nicht vergessen, dass die Fujibilder im Rohdatenformat von Adobe immer noch nicht perfekt unterstützt werden und sich teilweise mit anderen Raw-Konvertern wie Capture One noch bessere Ergebnisse erzielen lassen.

Nach vielen Fotos mit dem kleinen X100S-System kam mit der Fuji X-T1 erstmals der Wunsch nach mehr Möglichkeiten bei den Objektivbrennweiten und so besaß ich nach der Photokina 2014 plötzlich eine Fuji X-T1 zusammen mit dem XF 10-24mm, XF 23mm f/1.4, XF 35mm f/1.4 und dem tollen XF 56mm f/1.2. Eigentlich das Beste vom Besten. Was ich aber erst später bemerkte war, dass mit einem so umfangreichen Setup der Spaß eines kleinen Reisesystems mit der Zeit leider schnell verflogen war. Welches Objektiv soll ich bloß mitnehmen? Die Kamera passt in keine kleine Tasche mehr, usw. Ich bekam es also im kleineren Rahmen mit den selben Problemen zu tun, die mich schon zu DSLR-Zeiten vom Fotografieren abgehalten hatten. Ich habe daraufhin das Set wieder drastisch reduziert und setze seit Herbst 2015 nur noch auf das XF 14mm f/2.8, das ich dem 10-24mm vorziehe, weil es kleiner und gefühlt schärfer ist. Zudem zeigt es bei Gegenlicht konstruktionsbedingt deutlich weniger Reflektionen. Ich liebe Gegenlichtfotos! Dazu kommt das "Kit-Zoom" XF18-55mm. Ein ganz hervorragendes "immerdrauf" Objektiv für unterwegs. Zuletzt habe ich mich für das neue XF 35mm f/2 WR entschieden. In Sachen Preis/Leistung einfach genial und in meinen Augen perfekt geeignet für ein kompaktes X-System mit hervorragender Bildqualität.

Fujifilm X-T1 mit XF 14mm f/2.8 - Münstertal, Schwarzwald

Fujifilm X-T1 mit Leica M-Mount Adapter und Konica M-Hexanon 90mm f/2.8 - Titisee, Schwarzwald

Fujifilm X-T1 mit XF 35mm f/2 WR
Soweit zu meinem Hintergrund und ein paar Bildbeispiele, die ganz gut meine Freude über die guten Ergebnisse vermitteln.

Die Fuji X-Pro 1 war damals das erste Modell der X-Serie mit Wechseloptiken und galt seit dem als Topmodell in dieser Kameralinie. Im Design einer Messsucherkamera bot die X-Pro 1 den Hybridsucher der X100 bei gleichzeitigem Zugang zu den hervorragenden Fuji X Objektiven. Viele Fotografen, die ich kenne, haben sehnlichst auf einen Nachfolger dieser Kamera gewartet. Dieser Traum ging endlich am 15.01.2016 in Erfüllung. Die Fuji X-Pro 2 wird von vielen Testern als "Evolution" bezeichnet und ich kann mich dieser Meinung nur anschließen. Fujifilm geht mit dem neuen 24,3 Megapixel-Sensor den nächsten Schritt und rückt das X-System in den Blickwinkel all jener Fotografen, denen bislang 16 Megapixel noch zu wenig Auflösung für eine "professionelle" Kamera waren. 24 Megapixel ist in meinen Augen auch ein sehr guter Kompromiss aus Auflösung und Dateigröße. Die Kamera kann mit dem neuen Prozessor ausreichend schnell mit den bei Fujifilm bekanntermaßen etwas größeren Bilddateien umgehen. 24 Megapixel reichen auch für die meisten Anwendungen hervorragend aus und dürften den Großteil der Anwender mehr als zufrieden stellen. Dank der neuen, auf Wunsch angeblich verlustfreien Komprimierung der Rohdaten, lassen sich noch kleinere Dateigrößen erreichen, wobei man abwarten muss, ab wann die alternativen Bildverarbeitungsprogramme von Adobe, Phase One und Co diesen Mechanismus auch unterstützen. Testen konnte ich das leider noch nicht.

Fujifilm X-Pro 2 mit XF 35mm f/2 WR und optionaler Streulichtblende


Das Gefühl:
Fujifilm hat das Gehäuse trotz großer Ähnlichkeit zum Vorgänger nochmal deutlich überarbeitet. Die X-T1 war mir als langjähriger DSLR-Nutzer bislang am sympathischsten. Handgriffe und der Hochformatgriff waren für mich eher als "Killer der Kompaktheit" uninteressant. Ein Aspekt in dem mir viele sicher widersprechen würden. Die X-Pro 2 fühlt sich beim ersten Kontakt sehr wertig an. Das Material ist nicht ganz so kühl wie Messinggehäuse von Leica, es ist aber glatter als die Oberfläche der X-T1. Insgesamt ist die Kamera etwas schwerer und breiter als die X-T1. Von der Höhe sind sie in etwa identisch, wenn man den Sucheraufbau der X-T1 mitrechnet. Der Griff ist deutlich großzügiger gestaltet und bietet mit der neu gummierten Daumenablage auch auf der Rückseite ein sehr gutes und sicheres Griffgefühl. Menschen mit sehr großen Händen oder Nutzer großer, schwerer Objektive werden sicherlich noch zum optionalen Handgriff greifen.

Das Bedienlayout:
Fujifilm setzt bei der X-Pro 2 auf ein komplett überarbeitetes Tastenlayout, das die Nutzer der X-T1 in Teilen bereits kennen. Das große, brilliante und nochmal deutlich höher auflösende 3 Zoll Display ist nach links gerückt. Alle Knöpfe und Tasten lassen sich dadurch endlich mit einer Hand erreichen und bedienen. Da sich der Kamerasucher, aufgrund des Messsucherdesigns ganz links befindet werden sich auch alle Fotografen freuen, die am liebsten mit dem rechten Auge durch den Sucher gucken. Trotz weiter nach links versetzten Displays besteht keine Gefahr ständig nervige Nasenabdrücke auf der Glasscheibe zu haben. Ein Problem, das mich persönlich bei der X-T1 regelmäßig beschäftigt.

Beide Einstellräder sind aus Metall und fühlen sich hervorragend an, wobei das vordere Rad noch etwas ungewohnt ist. Aufgrund der deutlich feineren Riffelung im Vergleich zur X-T1 muss man sich erst an das veränderte Griffgefühl gewöhnen.

Der On-Off Schalter mit integriertem Auslöseknopf zeigt einen guten Widerstand, der in meinen Augen in Zukunft aber durchaus noch etwas gesteigert werden könnte. Die X100 und X100S waren diesbezüglich ganz schlimm und haben sich immer von selbst beim in die Tasche stecken angeschaltet. Gott sei Dank verhinderte damals die automatische Abschaltung nach 2 Minuten Schlimmeres. Bei der X100T ist das auch deutlich überarbeitet worden.

Das neue und ebenfalls größere Drehrad für die Belichtungskorrektur entspricht von Gefühl her dem Rad der X-T1 und zeigt einen guten Widerstand. Mit jeweils maximal 3 Stufen bietet es ausreichend Spielraum zur Verstellung. In der gegenüberliegenden "C"-Stellung kann man mit Hilfe der anderen Drehräder und der Displayanzeige den Bereich sogar auf bis zu 5 Blendenstufen in jede Richtung erweitern. Dies wird von einigen Testern kritisiert, weil es selten wirklich benötigt werden wird. Trotzdem kann es durchaus Fotografen geben, die lieber direkt im Sucher die Belichtungskorrektur verstellen und somit ganz bequem über die kleinen Drehräder den Zugriff auf diese Funktion erhalten.

Die 4-Wege-Tasten sind gegenüber der X-T1 nochmal verbessert worden und bieten ein sehr gutes Druckgefühl, obwohl die X-Pro 2 ebenfalls abgedichtet ist. Wahrscheinlich wird diese Änderung auch den Weg in den X-T1 Nachfolger finden.

Ich als ebenfalls Canon DSLR Nutzer finde den kleinen neuen Joystick zur Auswahl der Autofokusfelder ganz hervorragend. Dadurch stehen dem Nutzer weitere Tasten zur persönlichen Belegung frei, außerdem sitzt der Joystick für mich an der perfekten Stelle. Endlich lässt sich das AF-Messfeld ganz einfach und schnell verschieben ohne einen Extra-Klick in die falsche Richtung durchzuführen, falls man nicht alle 4 Tasten des 4-Wege-Bereichs für die AF-Verstellung opfern möchte. Alle anderen, die dieses Bedienkonzept nicht gewohnt sind, werden es bestimmt schnell zu schätzen wissen. Für mich ist es ein wesentlicher Vorteil der neuen Kamera.

Die im Vergleich zur X-T1 andere Position des AF-Lock und Q-Knopfes ist in meinen Augen etwas gewöhnungsbedürftig, aber nach einiger Eingewöhnung bestimmt keine große Sache mehr.

Auf der Vorderseite wurde auch der Hebel zur Bedienung des Hybrid-Suchers überarbeitet. Von der Bedienung her entspricht er der X100T, die ebenfalls die Möglichkeit besitzt nur über ein kleines Display am rechten unteren Rand des optischen Suchers eine 100% Ansicht des AF-Messfeldbereichs anzuzeigen. Der Hebel fühlt sich sehr solide an und liegt für meine Finger an der perfekten Position zur schnellen Bedienung.

Das Zeitenwahlrad, über dessen Dasein sich auch einzelne Tester aufregen, finde ich nach wie vor sehr gut und es besitzt jetzt eine zusätzliche Funktion, die man von manch älterer Kamera noch kennt. Wenn man den geriffelten Ring angebt und dreht, kann man in einem kleinen Fenster auf dem Rad die ISO-Einstellung ändern. Auf diese Weise braucht die X-Pro 2 kein zusätzliches ISO-Drehrad wie die X-T1, trotzdem muss man nicht mehr in das Kameramenü, um die ISO-Empfindlichkeit zu verstellen. Eine sehr gute Verbesserung und eine hervorragende Umsetzung.

Der Sucher:
Der Hybrid-Sucher der X-Pro 2 ist sicherlich ein Highlight der neuen Kamera, auch wenn das Konzept allen Nutzern der X100 Serie und zuletzt der X100T nicht unbekannt ist. Es stehen drei Modi zur Auswahl: Optischer Sucher mit eingeblendeten Rahmen für die passende Brennweite. Der Bildausschnitt wird entsprechend des Motivabstands automatisch angepasst. Darüber hinaus hat man dank des von Messsucherkameras bekannten Systems die Möglichkeit über den Bildausschnitt hinaus die Szene zu betrachten. So lässt sich auch gut vermeiden, dass einem jemand ins Bild läuft, den man sonst erst sehen würde wenn er sich schon im Bild befindet. In den optischen Sucher lässt sich am rechten unteren Rand ein kleines digitales Bild einblenden, das den Fokuspunkt in der 100% Ansicht zeigt. Sehr hilfreich um schnell Belichtung und Fokus zu überprüfen. Gleichzeitig bietet der Sucher die Möglichkeit in einen 100% elektronischen Sucher zu wechseln, der tatsächlich das anzeigt, was das Objektiv sieht und was sich am Ende auch auf dem Foto befindet. Die Auflösung des elektronischen Suchers ist mit 2,36 Millionen Pixeln sehr gut, allerdings noch nicht so gut, wie man es von der Leica Q und der Leica SL her kennt. Im nicht gerade batteriesparenden Hochleistungsmodus kann die Bildwiederholungsrate auf einen Wert gesteigert werden, der beim Schwenken wirklich fast vergessen lässt, dass man "nur" durch einen elektronischen Sucher blickt. Ob man das dauerhaft braucht, kann jeder für sich entscheiden. Bestimmt eher etwas für Fotografen, die es öfter mit sich stärker bewegenden Objekten zu tun haben.

Interessant sein dürfte, dass der Sucher jetzt auch einen Dioptrieausgleich bietet und für mich als Brillenträger einwandfrei einsehbar ist. Man sollte allerdings bedenken, dass der elektronische Sucher der X-Pro 2 merklich kleiner als der wirklich hervorragende Sucher der X-T1 ist. Wer diesbezüglich keine Abstriche machen möchte, muss wahrscheinlich auf den Nachfolger der X-T1 warten.

Sonstiges:
In diesem Abschnitt möchte ich gerne eine Neuerung erwähnen, die ich bislang jedem Vertreter der Firma Fujifilm an den Kopf geworfen habe und die mir endlich mit der X-Pro 2 erfüllt wurde: Das doppelte Speicherkartenfach. Seit mir vor vielen Jahren in einer kleinen Digitalkamera mehr als 50 Bilder verloren gingen, weil die SD-Karte und möglicherweise auch die Kamera einen Fehler hatten, bin ich mit meinen DSLRs mit dem automatischen Backup auf der zweiten Karte sehr zufrieden. Dass ich mit der X-Pro 2 endlich auch die Möglichkeit habe mit einer Fujifilm-Kamera auf einer zweiten SD-Karte eine Kopie der Daten zu speichern, ist für mich persönlich ein ebenfalls entscheidender Pluspunkt.

Zum Abschluss:
Ich möchte in diesem Bericht nicht zu sehr auf die Bildqualität von Foto und Video eingehen, da ich dies lieber selbst mit einer endgültigen Version der Kamera, in einer für mich gewohnten Umgebung teste. Von der Benutzung her kann ich sagen, dass selbst bei diesem Vorserienmodell alles sehr zügig zu steuern war. Das neue Menüdesign ist ein wirklicher Fortschritt und erlaubt noch schneller den Zugriff auf die einzelnen Einstellungen. Dank der Funktion "Mein Menü" lassen sich jetzt bevorzugte Menüpunkte sammeln und dadurch direkt erreichen. Eine Funktion, die ich auch von meiner Canon her kenne und schätze. Zusammen mit meinem XF 35mm f/2 WR ist die Kamera wirklich sehr schnell geworden. Der Fokus sitzt ohne zu Pumpen und ist dank der nochmals gesteigerten Zahl an Phasendetektionssensoren spürbar schneller geworden. Mit Hilfe des Joysticks ist auch die Auswahl der vielen Fokuspunkte ganz leicht und schnell durchführbar. Ich ertappe mich in letzter Zeit immer wieder dabei, wie ich an meiner X-T1 das Klappdisplay benutze. Die X-Pro 2 hat kein Klappdisplay. In meinen Augen kein großer Nachteil, ich hätte aber nicht nein gesagt wenn sie mich gefragt hätten ob man eins verbauen solle. Am Ende ist alles Gewöhnungssache und wenn man bedenkt für wie viele verschiedene Fotografen Fujifilm eine Kamera baut, so ist ihnen in Zusammenschau aller Funktionen und Verbesserungen ein wirklich großer Wurf gelungen. Ich bin gespannt darauf wann ich endlich mein Exemplar in den Händen halten darf und nochmal ausführlich auch fotografisch testen kann. Bis dahin hat diese kleine Übersicht dem einen oder anderen vielleicht Lust auf mehr gemacht.

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